„Patientinnen und Patienten müssen sich bei der Behandlung ihrer Erkrankungen und Verletzungen mit medizinischen Hilfsmitteln darauf verlassen können, dass diese der medizinischen Erkenntnis und dem technologischen Fortschritt entsprechen und von guter Qualität sind. Zwingend notwendig sind dafür diese Voraussetzungen: der grundsätzliche Zugang zu innovativen Hilfsmitteln, die ärztliche Therapiehoheit und nicht zuletzt die Wahlfreiheit der Krankenversicherten. Hier sehen wir Regelungsbedarf, der in den aktuellen Gesetzesentwürfen des Bundesministeriums für Gesundheit noch nicht berücksichtigt ist.“ So Frank Weniger, Leiter Politik bei der Europäischen Herstellervereinigung für Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel (eurocom), zur Nachbesserung bei den Entwürfen eines Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetztes (GVSG) und eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). Dabei gelte es, alle – auch für das in dieser Legislaturperiode kaum mehr verabschiedbare Versorgungsgesetz 2 geplante – Neuregelungen mit Bezug zur Hilfsmittelversorgung im GVSG zu verankern. In ihren Stellungnahmen geht es der eurocom vor allem um vier Grundforderungen: neuartige Hilfsmittel schneller ins Hilfsmittelverzeichnis aufnehmen, rechtssichere Anpassung der Festbeträge, Abgabe von Hilfsmitteln mit Mehrkosten ohne bürokratischen Mehraufwand, Sicherstellung der Therapiehoheit und Wahlfreiheit auch nach Einführung der E-Verordnung für Hilfsmittel.
Neuartige Hilfsmittel schneller ins Hilfsmittelverzeichnis
Auch wenn es sich nicht um eine Positivliste handelt – das Hilfsmittelverzeichnis wirkt marktsteuernd. Umso wichtiger ist es, dass neuartige Hilfsmittel zügig und nach klaren Kriterien ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden. Nur so können gesetzlich Krankenversicherte von Innovation profitieren. Entgegen stehen dem inhaltlich und zeitlich oft nicht nachvollziehbare Anforderungen an den Nachweis des medizinischen Nutzens, den der GKV-Spitzenverband bei neuartigen Hilfsmitteln oder bekannten Hilfsmitteln mit neuer Indikation verlangt – als zusätzliche Anforderung über die Konformität mit der Medical Device Regulation hinaus. Die Konsequenz dieses langatmigen und kostenintensiven Verfahrens mit unsicherem Ausgang: Anreize für die Entwicklung neuartiger Hilfsmittel schwinden – zum Nachteil des Innovationsstandortes Deutschland und nicht zuletzt für die zeitgemäße Versorgung der Patientinnen und Patienten. Die eurocom fordert daher, klare und rechtssichere Vorgaben für den Nachweis des medizinischen Nutzens in das GVSG zu übernehmen.
Festbeträge müssen rechtssicher angepasst werden
Die vom Gesetzgeber vorgesehene regelmäßige Anpassung der Festbeträge, etwa für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie oder für orthopädische Einlagen, ist stark verzögert oder gar stagnierend. Keineswegs schritt hält sie mit der Inflationsentwicklung. Hier muss es schnell Abhilfe geben, denn Hersteller von Hilfsmitteln können Kostensteigerungen aufgrund von Festbetrags- und Vertragsregelungen nicht weitergeben. Zu befürchten steht, das qualitativ hochwertige Hilfsmittel namhafter Hersteller dem deutschen Markt aus ökonomischen Gründen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden können. Die eurocom fordert daher, die jährliche Anpassung der Festbeträge unter Berücksichtigung der Inflationsrate neu zu regeln.
Klarstellen: Mehrkosten sind abschließend geregelt
Die Anforderungen der Leistungserbringer bei der Abgabe eines Hilfsmittels mit Mehrkosten für den Patienten sind gesetzlich abschließend geregelt. Im Widerspruch dazu befindet sich eine darüberhinausgehende Begründungs- und Dokumentationspflicht zum Mehrnutzen gegenüber mehrkostenfreien Hilfsmitteln, wie sie der GKV-Spitzenverband inzwischen teilweise verlangt und damit in die Privatautonomie und Wahlfreiheit des Patienten einzugreifen versucht. Daher fordert die eurocom, im Gesetz klarzustellen, dass es keine weiteren Anforderungen über das gesetzlich Geregelte hinaus bei der Abgabe von Hilfsmitteln mit Mehrkosten geben darf.
Ärztliche Therapiehoheit auch bei E-Verordnung für Hilfsmittel
Die elektronische Verordnung von Hilfsmitteln ist ab dem 1. Juli 2027 für ärztliche und nichtärztliche Leistungserbringer verpflichtend. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass dabei die ärztliche Therapiehoheit bei der generischen Verordnung aufrechterhalten bleibt und eine softwarebasierte Lenkung hin zu bestimmten Produkten ausgeschlossen ist. Die begründete Verordnung eines Einzelprodukts muss ebenfalls weiterhin möglich sein. Weiterhin muss die Freiheit des Patienten, einen Leistungserbringer seines Vertrauens zu wählen, aufrechterhalten bleiben. Die eurocom fordert daher, die Weichen für eine Therapiehoheit und Wahlfreiheit wahrende E-Verordnung so früh wie möglich zu stellen.
KHVVG muss Trennungsprinzip wahren und darf keinen Anreiz für schlechtere Hilfsmittelversorgung schaffen
Die eurocom regt in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des KHVVG als Herzstück der Krankenhausreform dringend deren Folgenabschätzung auf die ambulante Versorgung im Rahmen der Nachsorge an. Denn entscheidend für die qualitativ gute Anschlussversorgung ist die schnelle und lückenlose Überleitung in die ambulante Nachsorge. Sicherzustellen sind dabei die ärztliche Therapiehoheit und die Wahlfreiheit des Patienten. Einer Versorgungslenkung ist von Beginn an vorzubeugen, indem das Trennungsprinzip von Verordner und Versorger aufrechterhalten wird. Die eurocom fordert daher eine gesetzliche Klarstellung, dass es keine Kooperationen zwischen Krankenhäusern und Sanitätshäusern jenseits der unmittelbaren Versorgung der Patienten geben darf.
Auch im Rahmen einer Krankenhausbehandlung müssen sich Patientinnen und Patienten auf eine Hilfsmittelversorgung von hoher Güte verlassen können. Es darf keine Versorgungslenkung hin zum niedrigsten Preis und zum Nachteil des Patienten geben. Deshalb fordert die eurocom, dass Hilfsmittel nicht als Teil einer Pauschalvergütung enthalten sein dürfen, sondern gesondert vergütet werden müssen.
Hier finden Sie die vollständige Stellungnahme der eurocom zum Entwurf eines GVSG.
Hier geht es zur eurocom-Stellungnahme zum Entwurf eines KHVVG.
Über eurocom
eurocom ist die Herstellervereinigung für Kompressionstherapie, orthopädische Hilfsmittel und digitale Gesundheitsanwendungen. Der Verband versteht sich als Gestalter und Dialogpartner auf dem Gesundheitsmarkt und setzt sich dafür ein, das Wissen um den medizinischen Nutzen, die Wirksamkeit und die Kosteneffizienz von Kompressionstherapie und orthopädischen Hilfsmitteln zu verbreiten. Zudem entwickelt eurocom Konzepte, wie sich die Hilfsmittelversorgung aktuell und in Zukunft sicherstellen lässt. Dem Verband gehören nahezu alle im deutschen Markt operierenden europäischen Unternehmen aus den Bereichen Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel an.
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Antje Schneider, eurocom e.V. – European Manufacturers Federation for Compression Therapy and Orthopaedic Devices
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